Die Hospizgruppe Donau-Ries kümmert sich um schwer kranke Patienten. Wie zeitintensiv die Arbeit werden kann und welche letzten Wünsche die Menschen haben.
Von Daniel DollingerEr wollte eigentlich nur seine wohlverdiente Rente genießen. Im Garten sitzen und sich an seinem Koi-Karpfen-Teich erfreuen. Doch dann bekommt er die niederschmetternde Diagnose: Er ist schwer krank und hat nicht mehr allzu lange zu leben.
Robert Wölker erinnert sich noch gut an diesen Fall. Rund fünf Wochen hat Wölker den Mann bis zu dessen Tod begleitet, hat versucht, ihm die letzten Momente des Lebens so angenehm wie nur möglich zu machen. Dazu gehörte auch, den Patienten noch einmal aus dem Pflegeheim nach Hause zu fahren, an seinen Teich. Oder ihm eine letzte Zigarre zu gönnen. „Wir saßen auf einer Bank vor dem Heim, seine Frau rechts von ihm, ich links. Sie hat den Aschenbecher gehalten, ich habe ihm die Zigarre an den Mund geführt“, beschreibt Wölker. Der Mann war zu schwach, um sie selbst zu halten.
Seit vier Jahren ist Wölker ehrenamtlich als Hospizbegleiter bei der Hospizgruppe im Landkreis Donau-Ries. Der geschilderte Fall war einer seiner ersten. „Ich hatte mir überlegt, welche sinnvolle Beschäftigung ich ausüben kann, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, sagt Wölker. Dann stieß er auf die Anzeige der Hospizgruppe Donau-Ries, dass ein neuer Kurs für Hospizbegleiter starten wird. In 90 Theorie- und 20 Praxisstunden werden die Teilnehmer ausgebildet und vorbereitet, sagt Margit Wiedenmann, die Koordinatorin der Gruppe. „Während der Ausbildung stellen die Teilnehmer fest, ob sie für die Arbeit geeignet sind oder nicht“, sagt sie. Das bestätigt auch Wölker: „Man beschäftigt sich sehr viel mit dem eigenen Leben, arbeitet das auf.“
Eine, die erst vor Kurzem die Ausbildung beendet hat und auf ihren ersten Einsatz wartet, ist Sonja Hofmann. Nach Gesprächen mit einer Bekannten, die schon länger im Hospizverein aktiv ist, hat sie sich dazu entschlossen, auch die Ausbildung zu machen. Sie sagt: „Man muss auf jeden Fall mit sich selbst im Reinen sein. Sonst kann man das nicht machen.“ Und man müsse lernen, sich selbst zurückzunehmen, alles den Bedürfnissen und Wünschen des Kranken unterordnen. „Wir als Person treten in den Hintergrund, der zu verabschiedende Mensch steht im Vordergrund“, sagt Hofmann. „Wer selbst gerade Probleme hat und mit sich beschäftigt ist, kann nicht auf den Patienten eingehen“, ergänzt Wölker.
Wie intensiv eine Sterbebegleitung werden kann, hat er bei seinem jüngsten Fall erfahren. Ein junger Familienvater, dessen Kind erst vor wenigen Monaten zur Welt gekommen war, war unheilbar an Krebs erkrankt, hatte Metastasen im ganzen Körper. Da war Wölker teilweise rund um die Uhr im Einsatz. „Ich bin nach der Arbeit kurz nach Hause, habe mich umgezogen und bin dann zu ihm ins Krankenhaus“, beschreibt er die Abläufe. In der Klinik hat er teilweise übernachtet, „am Morgen habe ich mich zu Hause schnell umgezogen, eine Tasse Kaffee getrunken, und bin wieder in die Arbeit.“ Eine enorme zeitliche Belastung, wie er auch selbst sagt, doch der todkranke Mann sei während dieser Zeit auch zu einem Freund geworden, meint der Sterbebegleiter.
Damit es wie in Wölkers Fall zwischen dem Betroffenen und dem Ehrenamtlichen so gut klappt, ist Margit Wiedenmann in ihrer Funktion als Koordinatorin gefragt. Sie entscheidet, wer ihrer rund 40 aktiven Helfer am besten zu dem Kranken passt. „Wenn der Patient gerne verreist ist, wäre es super, ihn mit einem Gleichgesinnten zusammenzubringen“, erklärt sie. In anderen Fällen sei es aber auch wichtig, einfach still neben dem Patienten zu sitzen. „Nur 25 Prozent der Kommunikation ist verbal“, sagt Hofmann. Und da geht es dann auch darum, die Ängste ernst zu nehmen. „Auch ein 95-Jähriger hat Angst vor dem Tod“, sagt Wiedenmann.
Um mit einem Fall abzuschließen, haben die Hospizbegleiter unterschiedliche Herangehensweisen. Robert Wölker sagt, für ihn sei es ein Anliegen, nach dem Tod des Patienten noch einmal die Familie zu besuchen, ebenso geht er auf die Beerdigung. In Gesprächsrunden, so erklärt Wiedenmann, tauschen sich die Ehrenamtlichen aus und helfen einander, den Fall zu verarbeiten.